Pop im Unterricht für Konzertgitarre alias “klassische Gitarre”
Ich habe in den letzten Wochen wieder an einigen Arrangments von Poptiteln gearbeitet. Leider kann ich aus urheberrechtlichen Gründen die Sachen nicht zum Download bereitstellen. Deswegen versuche ich Kluges auf Grund meiner Erfahrungen zu schreiben.
Es verwundert eigentlich immer wieder, warum es so wenige Notenausgaben von Poptiteln für klassische Gitarre im Schülerbereich gibt, obwohl Gitarre ja eines der Popinstrumente schlechthin ist.
Wo liegt das Problem?
Dazu zwei kleine Geschichten. Einer meiner Schüler wollte “Smells like Teen Spirit” von Nirvana spielen. Da ich dem Irrtum erlegen war, dass es eine Unpluggedversion gäbe, suchte ich diese und fand die Version von Tori Amos.
Aus Jux und Tollerei spielte ich diese Version allen Schülern vor, die mir gegenüber schon mal das Wort Nirvana erwähnt hatten. Erstaunlich war, nur einer erkannte an der Melodie von Tori Amos, dass es sich um “Smells like Teen Spirit” handelt. Der Rest wollte es mir nicht mal glauben, als er die Melodie mit dem Orginal vergleichen durfte.
Das Eröffnungsriff bei Nirvana erkannten sie sofort.
Aus irgendeinem Grund habe ich zur selben Zeit eine Arrangement von “Behind Blue Eyes” von The Who geschrieben. Erstaunlich war, dass meine erwachsenen Schüler die Melodie sofort erkannten, aber nicht unbedingt das Intro, welches ich “Eins-zu-Eins” vom Orginal übernommen hatte, zuordnen konnten. Die jugendlichen Schüler erkannten die Melodie nicht unbedingt auf Anhieb, aber sie konnten das Intro sofort zuordnen.
Ein anderes Problem ist, der “Sound macht die Musik”. Bei einem meiner Experimente spiele ich die Melodie von Nirvanas “Where did you sleep tonight” vor und frage aus was für einer Gegend oder Zeit diese Melodie stammen könnte. Ich bekomme entweder Mittelalter oder Irland zu hören. Auf Rock kommt keiner.
Gerade vorhin hatte ich eine Transkription von Hendrix “Hey Joe” in der Hand. Weil ich mich über etwas im Intro wunderte, hörte ich noch einmal nach und fingerte das Intro auf einer Konzertgitarre nach. Ich spiele die Töne, aber ohne den E-Gitarrensound verliert das Intro gänzlich seine Fazination.
Interessant ist auch die Beobachtung, dass einige Schüler manche Titel langweilig finden, weil sich das Motiv oder eine Melodiefloskel zu oft wiederholt. Bei der gesungenen Version ist ihnen dies gar nicht so aufgefallen. Stings “Fields of Gold” oder Cindy Laupers “Time after Time” wären dafür ein Beispiel.
Damit ist das Problem angedeutet, warum es so schwer ist, brauchbare Arrangements zu schreiben.
Was macht einen Pop- bzw. Rocktitel für den Hörer aus und warum will er ihn spielen?
Will man aber nahe am Orginal bleiben, wird es für die meisten Schüler einfach zu schwer. Wer mal versucht hat, die Begleitung von “Tears in Heaven” von Eric Clapton und die Melodie auf eine Gitarre zu legen, weiß, was ich meine.
Streicht man aber die markante Begleitung, stellt sich ein anderes Problem. Trägt die Melodie als solches eine Stück. Ich habe mal irgendwann versucht “Knockin’ on heavens door” von Bob Dylan für klassische Gitarre zu arrangieren. Irgendwann habe ich aufgehört, weil ich festgestellt habe, das findet nur jemand schön, der das Stück kennt, weil er beim Spielen das Orginal mithört. “Nothing Compares to You” Sinead O’Connor/Prince war auch so ein Fall.
Letztendlich macht man bei jeder Bearbeitung für Sologitarre eine eher freie Coverversion. Der Schüler erwartet aber eine authentische Version. Ich vermute, Gitarrenschüler erwarten noch mehr eine authentische Version als Schüler anderer Instrumente, weil Gitarre ist das Popinstrument und z.B. Klavier ist ein Klassikinstrument. Der Klavierschüler ist eher dankbar, der Schüler der Konzertgitarre ist eher enttäuscht.
Das dürfte der Grund sein, warum man in den Notenläden beim Fach klassische Gitarre nur auf die vier Hefte von Cees Hartog stößt. Und das schon seit Jahren.
Der Beitrag wurde am Freitag, den 15. Juni 2007 um 08:50 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Noten abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .