Wie finde ich einen (geeigneten) Gitarrenlehrer?
Im Referrer lautete die Frage zwar eigentlich: “Wie finde ich einen Gitarrenlehrer?”, aber ich halte es für wichtig die Frage auf: “Wie finde ich einen geeigneten Gitarrenlehrer?” zu erweitern.
Warum? Gitarre ist ein Instrument, was in vielen Musikstilen zu verschiedenen Zeiten auftaucht. Dabei sind auch sehr unterschiedliche Techniken entstanden.
Um es zu verdeutlichen. Ein klassischer Pianist kann mit seiner Technik ohne große Probleme Jazz spielen. Ein klassisch ausgebildeter Gitarrist muss einiges an seiner Technik ändern, um ernst zu nehmend E-Gitarre spielen zu können.
Also was für Dinge sind bei der Suche nach einem Gitarrenlehrer zu beachten.
Was will ich und was bietet der Lehrer an?
Ich bestehe bei meinen Interessenten grundsätzlich darauf, dass ein Kennenlerngespräch stattfindet, in dem ich meine Unterrichtsinhalt vorstelle. Warum halte ich das für so wichtig?
- Schüler haben Ziele, aber sie müssen den Weg dorthin gehen. Der Weg muss Spaß machen, das Ziel liegt meist in weiter Ferne.
- Die Ziele oder Vorstellungen über die Möglichkeit der Gitarre von Interessierten sind erstaunlich häufig sehr diffus. Ich erlebe häufiger, dass Interessenten Gitarre spielen wollen, aber nicht genau wissen, was sie genau da wollen. Oder die andere Variante ist, sie haben klassische Gitarre noch nie erlebt. Sie hätten dem Instrument diese Möglichkeiten nicht zugetraut und orientieren sich spontan um.
- Viele Interessenten glauben bei Beginn eines Infosgespräch, sie wären nur mit bestimmten musikalischen Angeboten glücklich. Nach solch einem Gespräch merken sie, dass sie gar nicht so auf diese Dinge fixiert sind, sondern eine grundsätzliche Freude an der Musik haben und das es viel spannendes zu erfahren gibt.
- Aber ich empfehle auch schon mal einen Kollegen, weil den Schüler ganz was anderes interessiert, als ich unterrichte.
Persönlich würde ich deswegen jedem raten, dass er solche Kennenlerngespräche nachfragt.
Die oft nachgefragte kostenlose Probestunde halte ich für den Schüler eher für eine Fehler. In dieser einen Stunde erfährt er bestimmt nicht, wohin der Hase musikalisch läuft und was es so alles gibt. Auch bemerkt er nicht die musikalischen Themengrenzen des Lehrers.
Qualifikation des Lehrers
Der Lehrer sollte Musik und den Instrumentalunterricht als einzigen Beruf haben und nicht als Feierabendjob. Wenn ihr Lehrer eine Ausbildung als Instrumentallehrer hat, dann haben Sie guten Chancen, dass Sie etwas lernen werden.
Warum sollte ihr zukünftiger Lehrer Musik und Unterricht als Beruf haben. Einerseits sollte er Ahnung von der Materie haben.
Aber warum auch das Unterrichten als Beruf? Unterricht ist einerseits Routine und Erfahrung. Wenn man einem Problem zum hundertsten Mal begegnet, löst man es besser, als wenn man es zum zehnten Mal löst.
Warum die Ausbildung? Vorausgeschickt sei, dass wir klassischen Musiker strukturell im Vorteil sind. Uns bildet man als Instrumentallehrer wie Sand am Meer aus. Bei den anderen Musikstilen werden Lehrer von “könnte deutlich besser sein” bis “gar nicht” ausgebildet.
Also warum Ausbildung ? Ich habe solch eine Ausbildung und man hat mich mit drei Dingen ausgestattet.
- Ich habe seit Beginn meines Unterrichten eine erprobte Struktur. Also ich musste nicht die ersten Jahre mit Experimenten verbringen. Oder wie meinte mal ein Kollege ohne Ausbildung: “Die ersten paar Jahre waren meine Schüler Versuchskaninchen.”
- Man hat mir Methoden beigebracht, wie ich Unterricht entwickeln kann.
- Dass wir damals seitenlange Exposes für unsere Lehrproben schreiben mussten, hat uns auch beigebracht, wenn man lange genug nachdenkt, fällt die Ausrede, der Schüler wäre unbegabt, flach.
Gäbe es mich einmal mit Ausbildung und einmal ohne Ausbildung, aber mit denselben musikalischen Fähigkeiten, ich wäre ohne Ausbildung der deutlich schlechtere Lehrer.
Kinder sollten unbedingt zu einem Lehrer mit Ausbildung. Kinder brauchen funktionierende Konzepte, weil sie sind schnell zu frustrieren.
Sie werden in Deutschland meistens auf einen Lehrer stoßen, der eine klassischen Ausbildung hat. Dort werden die Kinder Unterricht finden, der in der Lage ist, das Schwierigkeitslevel sehr fein dosiert zu steigern.
Die anderen Musikstile haben solche kindgerechten Konzepte leider nicht. Wenn ich mir aber auch die Anfängerschulen für Jugendliche und Erwachsene ansehe dieser Musikstile ansehe, wird das auch noch sehr lange dauern, bis dort ernst zu nehmendes entsteht.
Dieses “Klassikübergewicht” mag mancher als tragisch ansehen. Die Kinder finden das nicht so schlimm.
Ist der klassische Lehrer offen genug?
Dies ist eine Frage, die sich gerne Eltern stellen, weil es die weit verbreitete Annahme gibt, dass Klassik ja per se dem Kind die Motivation rauben würde.
Es gibt eine Sache, die einem klar sein sollte. Klassische Technik ist eine Art mit dem Instrument umzugehen und sagt eigentlich sehr wenig darüber aus, was für eine Art von Musik gespielt wird.
Viele klassische Gitarrenlehrer sind Konvertiten, die in ihrer Jugend oder immer noch auch anderen musikalischen Gelüsten nachgehen. Das fü+hrt zu sehr viel Unterrichtsliteratur, die ihre Inspiration aus anderen musikalischen Quellen schöpft als der Klassik. Unterhalte ich mich mit Kollegen anderer Instrumente, beneide sie uns für diese Literatur.
Eine meiner großen Überraschungen in meiner Laufbahn war, wie gerne Kinder das simple Anfängermaterial spielen. Kinder fragen meistens nach Pop, wenn die Pubertät einsetzt. Davor hören sie zwar Popmusik, aber spielen mit Begeisterung “Alle meine Entchen.”
Dann ist auch erstaunlich, was dann die Popmusik für eine Wichtigkeit einnimmt. Ich verliere, wenn die Pubertät anfängt, zwar einige Schüler an die E-Gitarre, aber es sind nicht die Massen, die ich befürchtet habe und die man so gemeinhin annimmt. Für die meisten ist Pop eine weitere interessante zusätzliche Farbe im Unterricht.
Eine nicht unerhebliche Zahl der Schüler findet die puren Gitarrenparts aus der Popmusik sogar ziemlich schnell langweilig und dröge, weil diese sich zu oft wiederholen und dann langweilig werden.
Der Beitrag wurde am Freitag, den 26. Oktober 2007 um 08:33 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Lernen abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .