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Gitarrenunterricht in Frankfurt

Dipl.-Gitarrenlehrer Stephan Zitzmann

Lungen für den Kaiser und die liebe Subvention

Mich beschäftig momentan die Diskrepanz zwischen der Schwierigkeitsprogression heutiger und früherer Schulen. Deswegen versuche ich mich über die Geschichte des Instrumentalunterrichtes schlau zu machen. Leider scheint dieses Thema nur sehr spärlich behandelt zu werden. Aber ich habe jetzt einiges über die Geschichte des Musikunterrichtes in den Schulen gelesen. Darüber zu erfahren, ist auch sehr interessant. Dies war früher kein Musikunterricht sondern ein Singunterricht.

Da dieser Singunterricht stark mit seiner Stellung an den Schulen zu kämpfen hatte, gab es auch Argumentationen wie heute, die auf Transfereffekte verweist.

Es ist teilweise in unseren heutigen Augen grotesk, was dort zu lesen ist. Es geht darum Untertanen zu formen. Ein besonders abstruses Beispiel habe ich in dem Buch „Geschichte der Musikerziehung” von Wilfried Gruhn gefunden.

Wilhelm II – mitverantwortlich am ersten Weltkrieg – sagte: „Ich brauche Soldaten, wir wollen eine kräftige Generation haben.”

Ein Georg Rolle bezog sich auf dieses Zitat in seiner „Didaktik und Methodik des Schulgesanges” auf diese Forderung und erklärte dort: „Nun, eine kräftige Generation gibt es nicht ohne Lungen, und dazu kann am besten mithelfen der richtige Schulgesangsunterricht.”

So beschreibt es Wilfried Gruhn im obengenannten Buch auf Seite 195.

Zuerst erschrickt und amüsiert man sich vermutlich über diesen Bericht. Vielleicht denkt man sich, dass es solche Dummheit heutzutage nicht mehr gibt, und ist froh darüber.

Aber ich bin mir da nicht so sicher. Ich frage mich, wird eine Mensch in hundert Jahren, den Kopf ähnlich schütteln wie wir jetzt, wenn er liest, von der Intelligenzförderung und dem Anstieg sozialen Kompetenz durch Musik und wie toll das alles ist, um im späteren Konkurrenzkampf zu bestehen und wie dienlich man der Sicherung des Wirtschaftstandortes ist.

Aber ich frage mich auch etwas anderes. Letztendlich war das Bestreben im Kaiserreich williges Kanonenfutter heranzuziehen. Um von diesem inhumanen System gefördert zu werden, stößt man in das Horn, welches das System gerne hört, um nicht unterzugehen.

Wenn also die Transferargumentation ein Ausdruck dessen ist, was das System gerne hätte und man die Begriffe liest von „Konkurrenzkampf, Wettkampf, Märkte erobern” oder „verteidigen” und man dann die Texte der Kaiserzeit daneben legt, dann ist das Anlass für die Frage herrschen da nicht Parallelen? Eine Verdinglichung des Menschens an die Erfordernisse des Systems.

Wenn man diese Parallelen sieht, stellt sich eine weitere Frage. Ist die Notwendigkeit solcher Argumentationen vielleicht ein Warnhinweis? Ich stelle mir vor, in hundert Jahren nach einer ökologischen Katastrophe verursacht durch das wirtschaftliche System liest jemand die pädagogischen Debatten von heute. Derjenige wird uns für ziemlich ausgemachte Holzköpfe halten, die das Totalitäre und Inhumane dieser Argumentation nicht erkannt haben und nur hilfreiche Handlanger waren, die ihren eigenen Kopf auf das Schafott gelegt haben.

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Der Beitrag wurde am Freitag, den 5. Februar 2010 um 08:45 Uhr veröffentlicht von und wurde unter den Kategorien: Eingeschoben abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .