Die Bildungschipkarte
Nachdem in den Medienberichten über die Bildungschipkarte auch öfters das Wort Musikunterricht fiel, werde ich auch mal meinen Senf dazu geben.
Momentan geistert die Zahl herum, dass über diese Karte 200 Euro pro Jahr und Kind verteilt werden sollen. In Anbetracht der Zahlen und Preise für Instrumentalunterricht ist das Argument Musikunterricht Augenwischerei. Das ist eindeutig zu wenig.
Wenn es dann so wird, dass über Sponsoren mehr Geld auf die Karten kommt, könnte diese Karte auch für den Markt der Instrumentallehrer relevant werden, wenn das Problem der Anschaffungskosten für ein Instrument gelöst wird.
Ich kenne die Erfahrung zweier Musikschulen, die Sozialtarife haben. Diese werden eigentlich nur von Schülern in Anspruch genommen, die schon Unterricht haben und in dieser Zeit in eine finanzielle Schieflage geraten.
Die andere Erfahrung, in wirtschaftlich schlechten Zeiten sinken die Schülerzahlen bei Gitarre und Blockflöte. Wir vermuten, es liegt daran, dass die in der Anschaffung teueren Instrumente in deutlich wohlhabenderen Familien, die sich das immer noch leisten können, gespielt werden. Mir hat auch mal eine langjährige Musikschulsektretärin, die regelmäßig die Musikschulkonzerte besuchte, erzählt, es gäbe einen Zusammenhang zwischen Wirtschaftskraft der Eltern und den gewählten Instrumenten ihrer Kinder.
Ob sich da der Markt wirklich vergrößert und damit die musikalische Bildung breiter in die Bevölkerung dringt, habe ich deswegen gewisse Zweifel.
Aber ich finde, über eine Frage hat sich noch gar keiner so richtige Gedanken gemacht. Was ist mit all den Kleinanbietern? Wer schafft sich für die paar Fälle ein Lesegerät an. Ich weiß nicht, ob das wirklich ein Problem ist. Die Musikschulen haben meist limitierte Kapazitäten. Dort gehen dann die Schüler mit der Chipkarte hin, wir freiberuflichen Lehrer nehmen dann den Rest, der bei den Musikschulen nicht mehr unterkommt. Ich höre jetzt schon das Aufheulen aus den Musikschulen. Ähnliches befürchte ich auch bei der Nachhilfe, dass etwas entsteht, was mancher als Marktverzerrung und andere nur als Verschiebung sehen werden.
Wird es Diskriminierung von Seiten des Instrumentallehrer geben, alla Chipkarteninhaber werden nicht unterrichtet? Vermutlich wird es genauso viele oder wenige Diskriminierungen geben, wie vom Rest der Bevölkerung. Vielleicht sogar eher weniger, weil Musiker eher tolerant sind.
In der Geldübergabe via Chipkarte sehe ich eigentlich ein grundlegendes Problem des Systems, nämlich dass es nicht lösen kann, was es lösen will. Nehmen wir mal an, da kommt genügend Geld auf die Karte, dass sich ein Kind Instrumentalunterricht leisten kann. Jetzt kommt ein Kind oder Jugendlicher zu mir und will Gitarrenunterricht. Es oder er legt die Chipkarte auf den Tisch. Letztendlich ist doch die Unterschrift der Eltern, weil so ein Vertrag langfristig ist und nicht via Taschengeldparagraph mit einem Kind geschlossen werden kann, nötig.
Das heißt meiner Auffassung nach, wenn die Eltern nicht wollen oder überfordert sind, dann hilft die Chipkarte eigentlich auch nicht. Aber gerade gegen diese Eltern will man doch angehen. Dieser Konstruktionsfehler ist vielleicht nicht das große Drama ist, so lange es den Instrumentalunterricht betrifft. Aber was ist mit Nachhilfe und ähnlich für die Bildung relevanteren Themen?
Der Beitrag wurde am Freitag, den 27. August 2010 um 08:45 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Allgemein abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .