Geometrische Körperexperimente – Teil 2
Zum Schluss habe ich letzte Woche gefragt, was hat das mit dem oben beschriebenen Handproblem zu tun? Wenn z.B. beim Greifen die Bewegungsbahnen von Grundglied und der Kombination Mittelglied und Endglied (die ich aus vereinfachenden Gründen als starr betrachte) nicht stimmen, muss die Hand nachhelfen. Oder das Gerade-noch-Erwischen des Tones führt dazu, dass man stärker drückt als bei einem guten Aufsetzen, was aber eine unnötige Anspannung oder Verkrampfung bedeutet.
In der rechten Hand bei einem Anschlag kann die falsche Bewegungsbahn bedeuten, dass die Hand nachgibt oder dass man versucht den Handrücken zu verformen um mit der ihm innewohnenden Elastizität das noch Erreichen der Saite zu unterstützen. Was aber auch wieder Spannung und Krampf bedeutet.
Die These lautet: Fühlt sich eine Spielbewegung verkrampft an, sollte man auch überprüfen, ob die beteiligten Körperteile die Wege gehen, die ihnen die Geometrie und Mechanik des Körpers vorgeben.
Aber sie haben auch festgestellt, sobald drei Faktoren zusammenspielen, dann wird es schwer die Bewegungsanteile der einzelnen Körperteile wirklich festzustellen oder innerlich zu planen. Ihre Hypothesen waren vermutlich selten wirklich identisch mit der Wirklichkeit.
Die Frage ist, gibt es eine Methode diese einzelnen Bewegungsanteile herauszufiltern. Der Trick ist erstaunlich einfach, man führt die Bewegungen nicht gleichzeitig aus, sondern hintereinander und versucht festzustellen, ob das Endergebnis dazu führt, ob die Fingerkuppe ihr Ziel erreicht.
Das geometrische Experiment
Dieses Verfahren nenne ich das geometrische Experiment.
Zu erst, was hat das ganze mit Geometrie zu tun? Ich habe hier schon öfters auf ein Phänomen hingewiesen, was ich unter dem Begriff „intuitive Bewegungsvorstellung” subsummiere. Kennzeichen dieser Vorstellungen ist, dass die Schüler die wirklichen Bewegungsbahnen nicht kennen, weil die geometrischen Gesetzmäßigkeiten, die auch für die Körperglieder gelten, nicht berücksichtigt werden.
Nehmen Sie bitte ein Stück Papier und machen Sie am oberen Rand waagrecht zwei Punkte im Abstand von 10 cm auf dieses Blatt Papier. Dann legen Sie ihren Unterarm so auf das Blatt, dass
- die Stiftspitze den rechten Punkt berührt
- der Unterarm senkrecht zur unteren Blattkante liegt
- der Unterarm und Ellenbogen auf dem Tisch liegen.
Jetzt verbinden Sie die zwei Punkte und beachten die Spannung in ihrem Arm, Hand und Finger. Vermutlich werden Sie einen geraden Strich gemacht haben. Die interessante Frage ist, was für Körperglieder habe sie benutzt?
Das kann ich ihnen zwar nicht sagen, aber jetzt kommt, was ich mit geometrischem Experiment meine. Führen Sie bitte folgende Dinge aus.
- Gehen Sie noch einmal in die Ausgangsstellung zurück.
- Drehen Sie ihren auf dem Ellenbogen ihren Oberarm nach innen. Sie müssten einen Kreisbogen gezeichnet haben. (Wenn Sie den nicht gezeichnet haben, achten Sie bitte bei den nächsten Versuchen darauf, dass es ein Kreisbogen wird und sie nicht mit ihren Fingern oder anderen Körperteilen in das Zeichnen eingreifen.)
- Führen sie den Unterarm, in die Richtung nach vorne, in die der Unterarm deutet. Dies geschieht aus der Schulter, der Winkel zwischen Unter- und Oberarm wird größer. Sie müssten dabei eine gerade Linie zeichnen.
Vielleicht haben Sie den Punkt links nicht getroffen. Das macht nichts. Machen Sie die ganzen Bewegungsabläufe noch zehn Mal.
Jetzt verbinden Sie die Punkte noch einmal die Punkte wie zum ersten Mal mit einer geraden Linie. Beachten Sie dabei, wie die einzelnen Bewegungen beteiligt sind, die ich bei der vorigen Aufgabe beschrieben habe.
Fortsetzung nächste Woche
Der Beitrag wurde am Freitag, den 10. Dezember 2010 um 08:51 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Gitarre lernen, Gitarrenunterricht, Übemethodik abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .