Carpentereffekt
Meine erste Begegnung mit dem Carpentereffekt hatte ich in meiner Grundschulzeit, als mir ein Onkel, ein Psychiater aus Amerika, zeigte, wie ich durch Gedanken eine Nadel ins Schwingen bringen konnte, die an einem Faden an meinem Finger hing.Meine zweite Begegnung hatte ich während meiner Studienzeit. Ich hatte von meinen Kommilitonen, die sich mit Alexandertechnik beschäftigten, das Bild der Marionette aufgeschnappt. Dort sollte man sich vorstellen, dass am Kopfwirbel ein Faden befestigt sei und man an diesem hochgezogen werde.
Aus irgendeinem Grund befestigte ich in meiner Phantasie dann einen Faden an meinem Unterarm und stellte mir vor, dass der Faden meinen Unterarm hochziehen würde. Als ich ein Rucken und minimales Zucken in meinem Arm bemerkte, stellte ich mir das Ziehen weiter vor und stellte fest, dass sich der Unterarm hob.
Meine Erklärung, dies dürfte der Carpentereffekt verursacht haben.
Aber was bringt dieser Carpentereffekt für das Üben?
Bevor ich darauf eingehe, möchte ich etwas vorausschicken. Ich verwende diese Methode nicht in meinem Unterricht, außer ich begebe mich mit meinen Schülern in einen Wettbewerb, wer seine Finger am langsamsten bewegen kann.
Ich habe bisher immer gewonnen. Deswegen wollen meine Schüler wissen, wie ich das hinbekomme? Die wenigsten kann ich dazu anleiten, dass dieser Carpentereffekt bei ihnen in zu bemerkender Weise auftritt.
Mir ist bis zum heutigen Zeitpunkt nicht ganz klar, ob diese starke Reaktion eine Besonderheit von mir ist?
Also zurück zu der Frage, was bringt der Carpentereffekt für das Üben?
Wenn man bei meiner Marionettenvorstellung bleibt, und versucht damit z. B. einen Griffwechsel zu machen, dann merkt man ziemlich schnell, wo die Bewegungsvorstellung lückenhaft ist.
Ich würde sogar soweit gehen, dass diese Art des Übens eine Art Alternative zum mentalen Training sein kann.
Mir ist noch etwas anderes aufgefallen. Wenn ich eine Stelle öfters mit dem Carpentereffekt durchgehe, dann werden diese Bewegungen flüssiger. Die Folge ist auch, das eigentliche Spiel wird sicherer und lockerer.
Letztendlich bleibt mir zu sagen, einfach mal probieren, was passiert, wenn ich beobachte, wie reagiert mein Körper auf meine Bewegungsvorstellung. Am Anfang muss man vermutlich länger warten.
Der Beitrag wurde am Freitag, den 2. November 2012 um 08:46 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Gitarre lernen, Übemethodik abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .