Über Tonsatzregeln – Teil 2
Es gibt glaube ich noch ein anderes Problem, ich möchte es am Thema der Oktavparallele erläutern.
Ich kann mich noch an die erste Oktavparallele erinnern, die mir im Tonsatzunterricht präsentiert wurde und es war in anderen Vorlesungen fast immer das gleiche Bild. Ein begeisterter Dozent in ein Klavier hackend und rufend: „Hören Sie, wie schlecht das klingt.”
Alle anderem im Raum schauen sich freundlich an, wohlweislich verbergend, dass sie eigentlich nicht so recht merken, um was es dem Dozenten geht, es klang halt. Oktavparallelen sind per se nicht schlecht, sondern stören, wenn man sich in einem bestimmten Feld, was sehr groß ist, bewegt. Powerchords wären ohne Oktavparallelen ihrer Wirkung beraubt.
Ich mache bei meinen Schülern, wenn ich über solche Dinge rede, folgende Beobachtung, ein Teil merkt bei einer längeren Akkordkette, in der eine Oktavparallele vorkommt, nichts. Andere merken da ist irgendetwas, was anders ist. Einzelfälle stören sich an der Verbindung mit der Oktavparallele.
Ähnlich dürfte es vielen Laien gehen, die aus Eigeninteresse ein Theoriebuch in die Hand nehmen. Da wird von einer Verbesserung in der Musik geschrieben, aber wenn man sich die Sachen anhört, wird eigentlich nicht so richtig sinnfällig, was das alles soll.
Um Satzregeln nachvollziehen zu können, muss man ein gewisses musikalisches Verständnis haben.
Es ist so ähnlich, wie mit Manieren. Die Eltern predigen diese, man hält sich vorsichtshalber dran. Irgendwann versteht man deren Sinn, ist froh sie gelernt zu haben und diese zu beherrschen.
Was bedeutet das für den Umgang mit Tonsatzregeln. Meiner Meinung nach sollte man möglichst viele Aufgaben mit diesen lösen, denn
- es macht wendig im Kopf und Instrument.
- man bekommt Begriffe an die Hand, mit denen man über musikalische Vorgänge nachdenken kann und Lösungen für musikalische Probleme formulieren kann.
- man lernt, wie man Musik auch noch betrachten kann. Wer nur den Begriff Akkord kennt, wird höchstwahrscheinlich nie über Stimmführung nachdenken. Das Konzept Stimmführung kann aber helfen, wenn eine Akkordverbindung schlecht klingt.
- Man erkennt leichter Abweichungen vom System und man kann leichter Abweichungen konstruieren.
- Durch diese Betrachtungsweisen kann man gespieltes besser Strukturieren und damit besser merken.
Um dies vielleicht verständlicher zu machen, vielleicht ein kleines Erlebnis mit Sikoras Jazzharmonielehre.
Sikora erläutert, dass es zwei Konzepte der Improvisation gibt. Skalen- oder akkordgebunden. Durch diese Begriffe fällt mir auf, dass ich beim Entwickeln von Melodien eigentlich skalengebunden denke.
Also durch neue musiktheoretische Begriffe, sehe ich mein Handeln im neuen Licht. Deswegen probiere ich akkordgebunden zu denken und mir fallen plötzlich andersartige Dinge ein.
Damit ich aber akkordgebunden denken kann, muss ich die Zusammensetzung der Akkorde im Kopf haben. Im Kopf haben reicht nicht, sondern die Akkorde müssen schnell parat sein. Dies kann ich, weil ich früher Akkorde nach bestimmten Regeln in rauen Massen schreiben und spielen musste.
Der Beitrag wurde am Freitag, den 21. Februar 2014 um 08:45 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Allgemein abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .