Der Ärger mit der Popmusik – Teil 2
Oberflächenstruktur oder Tiefenstruktur?
Ich muss Stücke, um sie spielbar, zu halten teilweise extrem ausdünnen. Nehmen wir das Intro von Wonderwall von Oasis. Da ich für klassische Gitarre arrangiere, will ich nicht das geschlagene Intro von diesem Stück übernehmen. Also bastle ich eine „gezupfte“ Einleitung die auf den verwendeten Harmonien basiert. Das erstaunliche ist, dass manche Leute nach ein paar Tönen sofort wissen, dass es sich um Wonderwall handelt. Andere erkennen dies nicht und beschweren sich zusätzlich darüber, dass es keine wörtlich Übernahme ist.
Wer will, sollte sich mal bei Youtube eine lange Playlist von Coverversionen machen. Diese dann ohne auf den Bildschirm zu sehen durchhören. Die Frage lautet, ab wann erkenne ich das Stück, wenn das Intro nicht wörtlich wiedergegeben wird. Für mich spannend ist, dass ich extrem veränderte Intros nach ein paar Tönen trotzdem zuordnen kann, wenig veränderte dann wiederum nicht. Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Veränderungsgrad und Erkennung.
Persönlich habe ich den Eindruck, je älter und bekannter die Stücke sind, desto freier kann man agieren.
Dramaturgie des Stückes
Es gibt Stücke die gehen über die drei Minutenlänge der Popmusik hinaus und bestehen de facto aus 16 – 24 Takten. Durch die variierende Instrumentierung der einzelnen Strophen und Refrains entsteht eine Art musikalischer größere Form oder Sinnzusammenhang.
„Wake me up when September ends“ von Green Day ist solch ein Beispiel. Es ist eigentlich eigenartig nur das Intro zu spielen, die Strophe Refrain und dann das Stück zu beenden. Es muss ja noch etwas kommen.
Also muss man sich als „Arrangeur“ etwas einfallen lassen. Was nicht unbedingt das Problem ist, aber der „Keep-it-simple-Grundsatz“ limitiert die Möglichkeiten extrem.
Die Wirkung von Instrumentierungen
Ich finde es immer wieder faszinierend, wenn ich die die korrekten Töne zu eine Melodie auf der Gitarre setze, wie anders die Wirkung auf diese Töne ist. Aus einer fahlen Quinte im Orginal wird eine röhrende Quinte auf der Gitarre. Aus einem Dur-Akkord streiche ich lieber die Terz, weil es auf der Gitarre zu süßlich wird.
Heute habe ich mal an dem Intro von Karma Police rumexperimentiert. Spiele ich die Oberstimme des Intros in einer tiefen Lage, entspricht dass meiner Meinung ziemlich gut dem Charakter des Stückes. Setze ich diese Linie eine Oktav höher in die höhen der Diskantsaiten, dann wird es typischer klassischer Gitarrenschmalz und die Musik verliert ihren Reiz für mich.
Ab und zu bestehen die Probleme nur punktuell. Aber ab und zu lasse ich einfach dann die Stücke liegen.
Die Persönlichkeit der Musiker
Kurt Cobain von Nirvana ist so ein Beispiel. Man kann die Melodien spielen, aber ohne diese Person sind sie banal.
Der Beitrag wurde am Freitag, den 26. September 2014 um 08:42 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Allgemein abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .