Der müde Kopf
Selten unterrichte ich Kinder im Vorschulalter. Jetzt habe ich eine Kleine, die jetzt in die erste Klasse gekommen ist. Und der Wandel ist fulminant.
So lang sie in den Kindergarten gegangen ist, hat sie die Sachen mir regelrecht „weggefressen“. Liedertexte die über mehrere Strophen gingen, waren ratzfatz auswendig gelernt. Aber viel schöner, es wurde nicht Gitarre geübt, sondern Gitarre gespielt. Das Mädchen setzte sich einfach so an die Gitarre, um mit ihr zu singen und auf ihr zu spielen.
Und kaum beginnt die Schule, ist dieses Wunder vorbei. Aussage der Kleinen, der Kopf wäre jetzt deutlich müder als im Kindergarten. Deswegen habe ich mal ein paar Erstklässler befragt. Ja, im Kindergarten war der Kopf wacher.
Ab und zu habe ich Eltern, die mir sagen, sie hätten gerne, dass das Kind selber an das Instrument gehen würde. Einerseits fände ich das auch schöner, aber ich weiß, ich bin eine unter vielen schönen Sachen und nicht die schöne Sache schlechthin und finde es deswegen weniger verwunderlich, dass solche Kinder nicht allzu häufig sind.
Dass die Schule die Lust am Instrument verderben könnte, diesen Verdacht habe ich schon lange. Denn in der dritten und vierten Klasse, wenn der Kampf um das Gymnasium beginnt, wird das Üben teilweise als Einzelhaft, welche einen von den Freunden trennt, empfunden.
Aber jetzt habe ich auch den Verdacht, dass die geistige Mattigkeit nach einem Schultag es verhindert, die Leichtigkeit von Spiel zu empfinden.
Mancher wird jetzt vielleicht einwenden, ist das wirklich so schlimm? Wenn es zum Fußball geht, dann die Kinder ja auch nicht zu müde. Über diese Frage habe ich auch schon gerätselt.
Bloß nachdem ich gesehen habe, wie diese junge Schülerin eingebrochen ist, dann würde ich sagen Gitarrespielen ist durch mangelnde Geistesfitness wesentlich einfacher in einer Art zu beeinträchtigen, dass einem schlichtweg die Lust vergeht.
Ja ich weiß, dass ich damit auf den ersten Blick sage, dass man für Fußball weniger Hirn braucht. Aber das Problem ist eher, ob jetzt 60 Prozent oder 70 Prozent der Pässe ankommen, hat eine andere Wirkung auf die Spielfreude als wenn nur noch 90 Prozent oder 80 Prozent der Töne gelingen.
Beim Fußball läuft es nicht ganz so gut, aber man hat noch ein soziales Erlebnis. Das Gitarrespielen macht keine Freude mehr und es gibt sonst auch nichts sonderlich Erfreuliches. Eher die unerfreuliche Aussicht, dass der Lehrer in der nächsten Stunde mal wieder kräftig herummäkelt.
Das kann man auch billiger haben und gar nicht üben, bzw. spielen.
Der Beitrag wurde am Freitag, den 7. Oktober 2016 um 08:31 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Gitarre lernen, Gitarrenunterricht abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .