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Gitarrenunterricht in Frankfurt

Dipl.-Gitarrenlehrer Stephan Zitzmann

Michael Langer – Saitenwege

Die Saitenwegebände von Michael Langer sind Sammelbände von Gitarrenliteratur für die klassische Gitarre. Normalerweise kaufe ich mir solche Sammelbände nicht, weil sie großteils enthalten, was sowieso in meinem Regal steht.

Jetzt habe ich einen Schüler, der sich sehr für südamerikanische Musik interessiert. In puncto Südamerika ist mein Regal unterbelichtet. Ich werde mit dieser Musik nicht so richtig warm. Und so kaufte ich mir anfänglich die zwei Südamerikabände.

Es gibt auch andere Sammelbände für südamerikanische Gitarrenmusik. Aber Michael Langer ist Professor in Graz und Wien. Das wird wohl fundiert und sorgfältig gearbeitet sein. Also gekauft und durchgefingert. Das Ergebnis war, da ist ziemlich viel drin, was deinem Schüler gefallen dürfte. Also legte ich ihm nahe, die zwei Bände zu kaufen. Postwendend lag eine Wunschliste auf meinem Notenständer.

Weil ich auch die progressive Anordnung der Stücke gut fand, kaufte ich mir noch zwei Saitenwege-Bände für klassische Gitarre. Bei denen ich auch mit den weiter unten geschilderten Phänomenen konfrontiert war.

Das erste Stück der Wunschliste war Nardo von Pedro Antonio Iparraguirre. An einer Stelle steht, dass zwei Noten geändert wurden. Da ich keine wesentliche Erleichterung feststellte, dachte ich, ich hätte etwas missverstanden. Im Internet lässt sich viel finden, so fand ich auch eine Erstausgabe des Stückes. Dabei stellte ich fest, dass bei der Langerausgabe ein kompletter Formteil fehlt.

Weiter gab es Veränderungen im Notensatz. Je nach Standpunkt kann man diese Änderungen als Eingriff in den Notentext betrachten oder nur als Korrektur des Notenbildes.

Es verwunderte mich, dass die Änderung zweier Noten kenntlich gemacht wird, aber das komplette Fehlen von sechzehn Takten nicht. Was steckt dahinter? Ich fragte Michael Langer. Die Antwort war, wegen der besseren Spielbarkeit hätte er den Teil weggelassen.

Das nächste Stück auf der Wunschliste war ein Arrangement von Bésame Mucho (Consuelo Velázquez). Der Arrangeur ist Michael Langer.

Bei Arrangement ist es ab und zu hilfreich in das Original zu hören. Aber bei diesem Stück gab es so viel verschiedene Versionen, sodass ich mir die Aufnahme von Michael Langer anhörte. Michael Langer spielt in seinem eigenen Arrangement an manchen Stellen rhythmisch anders als er es selber notiert hat. Dummerweise macht er das genau mit den Rhythmen, mit denen mein Schüler auf Kriegsfuß steht und er vermutlich die CD als Orientierung nutzen will.

Bei dem Stück Dalia auch von Pedro Antonio Iparraguirre gibt es eine auffällige Stelle. Michael Langer schreibt, wie im ersten Schnipsel der Abbildung zu sehen. Iparraguirre schreibt wie bei dem zweiten Schnipsel. Langer spielt aber dann wie beim dritten Schnipsel.

Beim Stück Divagando von Domingo Semenzato lässt Langer ohne Kenntlichmachung Noten weg, wenn man das Stück mit der genannten Quelle vergleicht. Aber in der genannten Quelle hat das Stück nicht den Titel Divagando. Wo kommt der her?

Persönlich habe ich keine Erklärung dafür gefunden, warum Eingriffe in den Notentext mal kenntlich gemacht werden, dann wiederum nicht.

Ich könnte jetzt noch andere Sachen berichten, wie einen gleich zweimal falsch geschriebenen Komponistennamen.

Die Redlichkeit gebietet zu sagen, dass ich bei ein paar Stücken neugierig oder irritiert war und deswegen entweder in die Manuskripte, Erstausgaben oder in die von Langer genannten Quellen geschaut habe. Bzw. mal in die Aufnahme gehört habe.

Ich habe also nicht systematisch auf Fehler geprüft. Aber jedes Mal, wenn ich genauer hingesehen habe, habe ich Abweichungen entdeckt, die nicht kenntlich gemacht wurden.

Grundsätzlich werfe ich ganz gern einen Blick in Erstdrucke und Faksimile, aber so viele ungenannten Abweichungen habe ich noch nie erlebt, obwohl ich nicht gesucht habe.

Mal vermute ich Schlamperei und das andere Mal vernünftige Absichten hinter den nicht kenntlich gemachten Abweichungen.

Jetzt hat jeder unterschiedliche Ansprüche an einen Notentext. Mancher denkt sich, was soll das, andere sind über so etwas weniger erfreut.

Also wer eher werktreue Notentexte haben will, sollte bei Michael Langer den Notentext überprüfen. Ebenfalls werde ich das machen.

Das Problem bei den Saitenwege-Bände ist vermutlich, dass sie doch erstaunlich billig sind für das Gebotene sind. Auch wenn durch den Namen Michael Langer vermutlich überdurchschnittlich viele Bände verkauft werden, reich wird man dadurch nicht. Ein anständiges Korrekturlektorat dürfte den Preis merkbar erhöhen.

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Der Beitrag wurde am Freitag, den 18. September 2020 um 08:05 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Gitarre lernen, Gitarrenunterricht, Notenbesprechung abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .