Entrée aus Partitia VI für Gallichone solo – Antonio Brescianello
Eigentlich hat mich nur gewundert, dass mein Fingergedächtnis im Takt Drei eine andere Erinnerung hatte als bei der Version aus den Saitenwegen notiert ist. Deswegen kramte ich in meinem Archiv und stellte fest, ich habe zwei Versionen. Eine von Ruggero Chiesa, die andere von Adalbert Quadt. Ich hatte die Triolenversion von Quadt in Erinnerung.
Also was stimmt?
Triolen in Tabulaturen
Ich habe mich schon öfters gewundert, dass es kein Zeichen für Triolen in Tabulaturen gibt. Es kann aber sein, dass man genauer hinschauen muss. Im Manuskript des Stückes erkennt man vielleicht, dass das Achtelfähnchen eine Drei darstellen soll. Gesehen habe ich das aber auch erst später, weil Brescianello an anderen Stellen die Drei deutlich vom Fähnchen absetzt.
Ich muss, bei zukünftigen Stücken mal nachsehen, ob da so schwer erkennbar ist, wie teilweise bei Brescianello geschrieben wird.
Bei der Beantwortung der Fragen, gab es weiter einige erstaunliche Erkenntnisse.
Gallichone und deren Stimmung
Brescianello schrieb nicht für die Barockgitarre, sondern für die Galichone. Die Gallichone ist ein Lauteninstrument.
Mir erschien die Änderungen der Stimmungen der Zupfinstrumente, von der Renaissance zur Klassik immer so als hätte ein Berg gekreist und dann eine Maus geboren. Die fis-Saite wird zu einer g-Saite.
Aber die Gallichone hat die heutige Gitarrenstimmung. Es scheint ein Seitenarm der Stimmungen, scheint den Sieg davon getragen zuhaben.
Verzierungen
Brescianello verwendet zur Notation die Schreibweise für Barocklaute. Deswegen habe ich einfach die Verzierungen entsprechend wie bei Barocklaute übertragen.
Bei meiner Weissübertragung habe ich die “Appoggiatura von unten über zwei Saiten” entdeckt. In diesem Stück könnte man im Takt 7 und 25 auf die Idee kommen es handelt sich um eine Appoggiatura von unten über zwei Saiten. Ich finde es sehr charmant und habe es deswegen so notiert.
Aber diese Appoggiatura von unten über zwei Saiten habe ich bisher nur in “Guidelines for Transcribing Baroque Lute Music for the Modern Guitar, Using Silvius Leopold Weiss’s Sonata 36 (from the Dresden Manuscript) as a Model – Serrano Munoz, Jaime Renato” entdeckt. Diese Arbeit gibt keinen Hinweis darauf, in was für einer Quelle der Barocklaute das steht. Ich habe bisher noch keinen zweiten Beleg für diese Auffassung gefunden.
Aber ich finde es ist unter dem Gesichtspunkt des Stimmführung stringenter. Was soll dieser plötzliche Dreiklang mit Quartvorhalt, bei dem nicht klar ist, wird die Dissonanz aufgelöst oder nicht?
Den Vorschlag in Takt 16 hielt ich zuerst für einen Schreibfehler. Aber ich entdeckte diese Schreibweise auch mehrmals bei Weiss, in dessen Tabulaturen ich zeitgleich stöberte. Also habe ich es entsprechend notiert.
Der Beitrag wurde am Freitag, den 4. Dezember 2020 um 08:56 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Gitarrenunterricht, Instrumente, Noten, Notensatz, Übematerial abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .