https://www.gitarrenunterricht-frankfurt.de/wp-content/themes/GitarreFrankfurt/image/Logo-6a.png

Gitarrenunterricht in Frankfurt

Dipl.-Gitarrenlehrer Stephan Zitzmann

Anschlag – Lenken wir zu stark aus? – Teil 2

Wie gesagt, es soll heute darum gehen, wie man das Problem lösen könnte, dass die mechanisch starren Anschlagsmodelle eigentlich keine Variation der Auslenkung einer Saite zulassen oder erklären, wie das funktionieren könnte.

Betrachten wir uns einen Anschlag genauer. Es ist das Mittelgelenk und Grundgelenk des anschlagenden Fingers beteiligt. Beide Gelenke schließen und öffnen sich.

In meiner grundsätzlichen Erklärung des Anschlages verhält es sich so:

  • Mittelgelenk schließt, und “treibt” die Finger/Nagelspitze über die Saite.
  • Grundgelenk öffnet sich, um die Finger/Nagelspitze von der Decke wegzuführen, damit beim Öffnen des Mittelgelenkes die Fingerspitze die Saite nicht berührt.
  • Mittelgelenk öffnet sich.
  • Grundgelenk schließt, damit die Finger/Nagelspitze in die Ausgangsposition kommt.

Wobei schon klar war/ist, dass bei der Endphase der Bewegung des einen Gelenkes das andere Gelenk schon seine Bewegung beginnt.

Aber durch dieses Modell wird klar, dass Mittelgelenk ist verantwortlich, dass die Finger/Nagelspitze über die Saite gleitet. Wie weit die Saite ausgelenkt wird, bestimmt das Grundgelenk.

Bloß in diesem Modell wird, bezieht man das weiter oben gesagte in Betracht, die Finger/Nagelspitze ohne Rücksicht über die Saite geprügelt gedrückt.

Also wir brauchen eine genauere Vorstellung, was passiert während dieser Gleitphase oder wie können wir sie beeinflussen?

  1. Möglichkeit: Man variiert den Ansatzpunkt der Saite auf der Finger/Nagelspitze. Der Gedanke ist mir so neu und ungewohnt, sodass ich nichts dazu sagen möchte.
  2. Möglichkeit: Der Ansatzpunkt bleibt stabil. Man gleitet durch das Öffnen des Grundgelenkes mit dem Nagel so lange an der Saite entlang, bis ein Punkt erreicht ist, dass, wenn das Mittelgelenk schließt, die Saite im richtigen Ausmaß ausgelenkt wird.
    In anderen Worten, sobald die Finger/Nagelspitze die Saite berührt, wird die Finger/Nagelspitze minimal von der Decke weggezogen und dann erledigt das Mittelgelenk den Rest.
  3. Möglichkeit: Das ist eigentlich die zweite Möglichkeit in Grün. Durch das Schließen des Mittelgelenks wird die Saite in die gewünschte Auslenkung gebracht, dann öffnet sich das Grundgelenk, und zieht auch hier wieder die Finger/Nagelspitze wieder minimal nach hinten, bis die Saite die Finger/Nagelspitze verlässt.

Letztendlich ist es praktisch so, dass Mittelgelenk und Grundgelenk nahezu gleichzeitig agieren. Trotzdem finde ich die Unterscheidung von Möglichkeit Zwei und Drei wichtig.

In meinem Erleben ist es so, dass mir Möglichkeit Drei die liebere ist, denn der höhere Druck beim Gleiten über die Saite fühlt sich sicherer und stabiler für mich an, als das druckarme Anfangsgleiten bei Möglichkeit 2.

Das dürfte daran liegen, dass das Öffnen des Grundgelenkes den Nagel oder den Finger tendenziell von der Saite wegbewegt. Man verliert/schwächt den Kontakt. Ist schon Druck im System, bleibt trotz dieser Wegbewegung ein stabiler Kontakt erhalten.

Bei Möglichkeit Drei ist bei mir der Ton runder und wärmer.

Unabhängig von meinen Vorlieben, je nachdem, was einem lieber ist, kann man den Druckverlauf bei der Gleitphase gestalten.

Also man geht beim Beginn des Gleitens in die Vollen, oder erst gegen Ende hin.

Randbemerkungen

Ich habe immer schon eine gewisse Differenz festgestellt, zwischen der Beschreibung des Anschlages und dem was ich sah. Anstatt dass die Saite dem Nagel “bedingungslos ausweicht, sah ich häufig ein gewisses Zurückweichen des Nagels. Aber da ich keine Probleme hatte, hatte ich kein Problem mit dem Widerspruch von Theorie und Wahrnehmung.

Ich habe mir mit dem neuen Blickwinkel Kraftüberschuss, dieses Verhalten noch einmal neu betrachtet. Dabei musste ich feststellen, dass es mir nicht möglich ist, die real wirkende Auslenkung zu sehen. Die Saite rast irgendwann los, und ich kann nicht erkennen, wann sie den Nagel verlässt und schwingt.

Wen es anderen ähnlich geht, dann ist die visuelle Beobachtung kein Mittel, um festzustellen, ob man systematisch mit zu viel Kraft den Anschlag angeht, um sie dann zu reduzieren.

Deswegen habe ich versucht, den kinästhetischen Weg zu gehen. Wenn ich die Saite langsam über die Nagelkante gleiten lasse, bekomme ich eine Idee, ob ich Kraft reduzieren muss. Wenn aber die Site normal schnell über den Nagel gleitet, wird es für mich wieder unfassbar.

Und deswegen gibt es ein Problem. Ich kann nicht erkennen, was meine maximal benötigte Auslenkung ist und ob ich meinen Nagel kürzen sollte. Aber es gibt Gitarrist*innen, die Nagellänge mit Lautstärke gleichsetzen. Es gibt ein zu kurz und ein zu lang. Aufgrund der bisherigen Überlegungen glaube ich, zu lang fängt früher an, als einige glauben. Zu kurz ist vielleicht auch nicht die große Gefahr.

Teile diesen Beitrag von Gitarrenunterricht Frankfurt

Der Beitrag wurde am Freitag, den 10. Juni 2022 um 08:13 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Fingernaegel, Gitarrentechnik, praktisch abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .