Getting Started With Aural – Trinity Step-by-step Series
Ich habe vor kurzen über die Trinity College Exam Guitar Pieces geschrieben. Dabei fiel mein Blick auf das Aural Tests Book 1. Ein kurzer Blick in das Buch frappierte mich, denn es wurden andere Fragen gestellt, als ich sie von meinem Gehörbildungsunterricht kannte.
- Klatsche das Metrum mit.
- Wurde die Melodie piano oder forte gespielt?
- Wurde die Melodie staccato oder legato gespielt?
- Welcher der ersten drei Töne der Melodie ist der Tiefste bzw. der Höchste?
Also stöberte ich und entdeckte Getting Started With Aural – Trinity Step-by-step Series. Einerseits ist das Heft nicht Fisch noch Fleisch, aber andererseits fand ich das Heft sehr inspirierend. Es ist kein richtiges Lehrwerk, weil es zu wenig erklärt und zu wenig Beispiele beinhaltet. Aber für Instrumentallehrer*Innen dürfte es einige Anregungen beinhalten, wie man Gehörbildung in den Unterricht einbauen kann.
In meiner Erinnerung hat sich Gehörbildung für mich so dargestellt, mir wird in einer Gruppe etwas vorgespielt und ich soll das notieren. Gehörbildungskurse in Medienform funktionierten ähnlich. Hören → Schreiben. Und in diesem Heft findet so manch anderes statt. Es steigt wesentlich niedrigschwelliger ein, als die mir bekannten deutschsprachigen Lehrwerke.
Als Erstes muss man die Geräusche beschreiben, die man hört. Dann die Geräusche von der CD.
Dann soll man eine Melodie mit eigenen graphischen Zeichen darstellen. Gepaart mit Fragen, wie
- sind es hohe, tiefe, leise, laute, kurze, oder lange Töne?
Im Tonbeispiel wird lange zwischen zwei hohen Tönen im Sekundabstand hin und her gewechselt, um dann mit einer tiefen Note abzuschließen.
Dann kommt die Aufforderung, lass jemand anderen deine Grafik spielen. Wie klingt es anders als das Beispiel und warum?
Die nächste Aufgabe, die ich die beste Aufgabe in dem Buch fand, lautet: „Denke dir eine Melodie im Kopf aus. Verwende einen Fünf-Ton-Raum. Schreibe die Melodie auf. Spiele sie dir vor und vergleiche sie mit deiner Vorstellung. Lasse deinen Lehrer die Melodie spielen. Klingt es wie in deinem Kopf und wie bei dir?“
Die weitere Idee verwendet Stücke aus dem Radio.
- Vergleiche die Tonhöhe der ersten zwei Töne?
- Sind es hohe, tiefe, leise, laute, kurze, oder lange Töne?
- Staccato oder legato.?
Dann kommt eine Idee, die fanden meine Schüler weniger lustig. Klatsche den Rhythmus des Stückes, welches Du gerade übst. Ich musste natürlich auch die Variante mit Singen ausprobieren.
Dann folgen kleine Rhythmusdiktate. Die sind wirklich kurz. Sie bewegen sich im Umfang von vier bis sechs Tönen. So freundlich kenne ich Gehörbildung nicht. Wichtig dabei, dass man die Diktate nachklatscht. Solches Nachmachen war in meinem Gehörbildungsunterricht verpönt bzw. unhöflich, weil die anderen gestört wurden. Aber auch wenn wir uns zusammengesetzt haben, um zu üben, kam keiner auf die Idee, klatsch nach, sing nach, sondern es musste geschrieben bzw. geantwortet werden.
Dann soll man 2/4 oder ¾ Takt bestimmen. Die Beispiele sind auch kurz. Man soll auch hier versuchen nach zu klatschen und zu singen. Von Aufschreiben noch kein Wort.
Das bleibt nicht so. Die ersten Diktate. Zuerst fällt auf, dass die ersten Diktate extrem kurz sind. Fünf-Ton-Melodien, die schrittweise in Vierteln auf und ab gehen. Das Schrittweise-auf-und-ab-Gehen wird sogar angekündigt. Auch wieder für mich ungewohnt einfach als Einsteigermaterial.
Auch hier wieder die Aufforderung, nach denselben Prinzipien sich Melodien im Kopf auszudenken, aufzuschreiben und erst dann zu spielen.
Im Weiteren werden die Anfangs- und Endtöne von verschieden langen Tonbeispielen (Zwei Töne bis vier Takte.) verglichen. Welcher Ton ist höher.
Die Methode finde ich interessant, weil sie ein anderes Hören bei mir erzeugt als die Diktatsituation. Bei Diktat bekam/komme ich nichts mit, weil ich versuche mir alles zu merken, zu entschlüsseln usw. So höre ich zu, bekomme letztendlich mehr mit, weil ich nicht über das zu Hörende nachdenke. Auch hier soll man nicht schreiben, sondern nachsingen.
Danach kommt ein Kapitel zu Intervallen und Arpeggios.
Mit diesem Kapitel wurde ich nicht so recht warm. Das Grundprinzip ist für Intervall und Arpeggio dasselbe. Singe die Struktur nach und dann fülle die Zwischenräume auf, indem du die Tonleiter singst.
Mein Problem ist, ich kann meine antrainierten Reflexe mit Liedanfängen nicht unterdrücken. So wie die Methode hier dargestellt wird, erkennt man z.B. nur Sexten, aber nicht ob groß oder klein.
Dennoch finde ich, die Methode könnte Sinn ergeben für den Anfängerbereich. Denn ich stelle in meinem Unterricht fest, dass die Schüler*Innen ein ziemlich vages Gefühl für einen größeren Abstand von Tönen haben. So könnte man ihn vielleicht entwickeln.
Ich habe diese Methode in meinem Unterricht ausprobiert, wenn ich meine Schüler nach Gehör spielen lasse. Statt zu singen, müssen sie die Tonleiter spielen. Der Tonfindungsprozess bei Sprüngen wird dadurch deutlich schneller.
Die gerade beschriebene Methode wird dann modifiziert. Es wird ein Dreiklang als Tonika gespielt und dann ein Intervall oder eine Dreitongruppe. Man soll die Stufe der Töne bzgl. der Tonika bestimmen.
Hier soll geschrieben werden.
Ob diese Methode sinnvoll ist, vermag ich nicht zu sagen, weil mir mein Gehörbildungstrainig dazwischen funkt. Durch die endlosen Punktdiktate höre ich sofort die Stufen der Töne.
Aber dann gibt es eine Idee, die ich eine charmante Zusatzidee finde. Ich habe Intervalle über Liedanfänge gelernt. Hier schlägt man vor, singe das Anfangsintervall deine Stücke und bestimme sie.
Die Erklärung, wie man Dur und Moll hört, ist die Standarderklärung. Traurig oder fröhlich. Leider erinnere ich mich daran, dass ich Gehörbildungslehrer hatte, die demonstrierten, dass man, spielt man nur die richtigen Sachen, mit dieser Charakterisierung Menschen ziemlich einfach in die Irre führen kann. Man wollte uns damit klarmachen, analysiert die Einzeltöne und stellt dann fest, was euch vorgespielt wird. Höreindrücke sind leicht irritierbar.
Dann folgen Übungen Dynamik und Artikulation zu hören. Etwas was ich nie in meinem Gehörbildungsunterricht kennengelernt habe, aber vielleicht sinnvoll im Instrumentalunterricht ist.
Dann gibt es eine Übeform „Finde den Fehler“. Ein Notenbeispiel wird richtig vorgespielt, dann mit Fehlern. Man soll die Fehler markieren.
Diese Idee wird variiert, weiter geführt. Es gibt kein Notenbeispiel, sondern nur Klangbeispiele. Es soll benannt werden, in was für einem Takt oder Bereich (Anfang, Mitte, Ende) die Änderung hörbar ist.
Also auch deutlich niedrigschwelliger als „Schreibe auf“.
Ich kenne von meinen Schüler*Innen die Gehörbildungstests in den Schulen. Auch hier Vorspielen, Schreiben von zu langen – obwohl kurzen – Beispielen. Kinder, die gerne bei mir nachspielen und eigentlich auch ganz gut sind, sind frustriert von diesen Tests. Was sollen eigentlich die Kinder sagen, die keinen Unterricht haben.
Deswegen finde ich dieses Heft so sympathisch. Leichte Aufgaben, die den Weg in die Gehörbildung leichter machen, obwohl sich dieses Heft an ambitionierte Menschen wendet, die sich einem Prüfungssystem freiwillig aussetzen.
Ähnlich den Menschen wie bei mir, als ich in der Laienabteilung des Konservatoriums saß. Die einen waren gefrustet, die anderen konnten es einfach. Die Aufgaben waren deutlich schwerer und wie man dahin kommt, hat keiner erklärt.
Dieses Buch lesend, sind mir einige Ideen gekommen, die ich vielleicht demnächst hier erläutern werde.
Ich habe, weil es mir keine Ruhe gelassen hat, wegen dieses Heftes einige Gehörbildungsbücher in der Hand genommen, weil mich interessiert hat, war mein Gehörbildungsunterricht eigenartig und hat beim Einstieg zu hoch angesetzt. Ich kenne ja die Bücher von damals. Deswegen auch die Frage hat man das Eingangslevel gesenkt?
Das Ergebnis war, mein Gehörbildungsunterricht war eigenartig. Gehörbildungsunterricht kann mehr sein als Diktieren. Das ist aber nicht der Punkt. Alle Bücher, die ich zur Hand nahm, fangen auf einem höheren Level an und letztendlich geht es um die Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung. Wie man zu den notwendigen Grundfähigkeiten kommt, wird nirgendwo erklärt. Das Anfangslevel wurde eigentlich auch nicht gesenkt.
In der Unterstufe werden hier die Kinder mit der Aufgabe konfrontiert, kleine und große Terz zu unterscheiden. Die Trefferquote ist nicht so hoch, weil dieses traurig-fröhlich-Modell nicht so präzise ist. Eine Maßnahme wäre, den Kindern beizubringen, das Intervall singend in Einzeltöne zu zerlegen. Wozu aber Kinder nicht automatisch in der Lage sind. Wie bringt man so etwas bei? Wenn man Pech hat, wie lehrt man überhaupt den Ton zu treffen.
Man kann fragen ist das überhaupt sinnvoll im Instrumentalunterricht zu lehren. In gewisser Weise schon. Es fällt schon auf, wie schnell Schüler*Innen einen falschen Ton in der Oberstimme bemerken, aber wie schwer ihnen die Unterscheidung zwischen falschen und richtigem Basston fällt.
Der Beitrag wurde am Freitag, den 6. Januar 2023 um 08:43 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Buchbesprechung, Gehör, Musikalität, Rhythmus, Übematerial, Übemethodik abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .