Übe um dein Leben
In dem Artikel „Mit dir macht es mehr Spaß“ schrieb ich:
„Aus meinen Übeerfahrungen versuche ich meinen SchülerInnen Übemethoden zu vermitteln. Das funktioniert aber nur so halb. Im Unterricht frage ich des öfteren, was können wir jetzt machen? Sehr häufig kommt sogar eine Methode. Aber die passt nicht zum Problem.
Jetzt könnte man sagen, es ist zu komplex was ich vermittle. Eigentlich habe ich drei bis vier Grundsätze, die auch andauernd predige. Aber viele SchülerInnen finden, sie haben das nicht nötig oder es ist lästig. Wie fasste das mal ein Schüler zusammen: „Deine Methoden bringen schon etwas, aber nicht so viel, wie Du immer tust. Und sie sind anstrengend!“ Interessanterweise war das der Schüler, der weiter oben mir erklärte, er käme nicht auf die Idee sich Strategien bei Computerspielen auszudenken. Einerseits ist er unzufrieden, aber die Hilfe nimmt er nicht an.“
Ich neige im Unterricht zu Spielen, Wetten und Paradoxinterventionen. Daraus ergab sich mit diesem Schüler folgende Situation, er spielte falsche Töne und ich wollte erreichen, dass er die Töne anhand einer Tabelle in seinem Unterrichtsmaterial nachschaut, damit er dies auch für zu Hause lernt. Deswegen wollte ich, dass er mir beweist, dass seine gespielten Töne stimmen.
Es kam die Antwort: „Die stimmen!“. Auf meine Frage, warum, kam die Antwort: „Weil ich es sage!“ Darauf erwiderte ich: „Stellen wir uns vor, dies ist ein Gerichtsprozess, in dem es um dein Leben geht. Wenn ich beweisen kann, das Du unrecht hast, ist es um dein Leben geschehen.“ Plötzlich brachen hektische Aktivitäten aus, und der Schüler kramte die Tabelle aus seinem Ordner.
Ich nervte denn Schüler für den Rest der Stunde, egal ob er richtig oder falsch spielte, er müsse beweisen, dass er richtig gespielt hat. Der Schüler versuchte meist, dass seine Behauptung der Richtigkeit ein Beweis sei. Als ich aber wieder mit dem Todesurteil kam, besann er sich der Strategien der Überprüfung, die ich ihm beigebracht habe.
Zu Hause, so zumindest die Aussage des Schülers, hätte er sich dann ähnlich verhalten, wie in der Stunde . Er hätte mehr überprüft und sichergestellt, ob das, was er macht, stimmt. Das Übeergebnis dieser Woche ist aufgefallen. Der Schüler hatte sich beim Üben zufriedener gefühlt.
Wie schon gesagt, ich neige zu Spielen, Wetten und Paradoxinterventionen im Unterricht. Sehr beliebt ist bei mir, ich behaupte, Du schaffst dieses Stück nicht bis zur nächsten Woche. Wetten wir um eine Tüte Gummibärchen. Die Firma Haribo verdankt einen Teil ihres Umsatzes mir. Eigentlich sollte man, was ich bisher an Gummibärchen kaufen musste, mich zum Teilhaber der Firma machen.
Wenn es um Punkte geht oder um Gummibärchen, werden die Leistungen der Schüler besser. Sie fangen auch plötzlich zum Verhandeln an, ob die Aufgabe nicht leichter gemacht werden könnte, damit ihre Chancen auf einen Sieg steigen.
Auf meine Frage, warum man plötzlich so fähig wäre, kommt gerne der Satz: „Es geht ja jetzt um etwas!“
Interessant finde ich, wenn der Spielanreiz ins Spiel kommt, dass sich dann die Schüler wesentlich vernünftiger mit den Aufgaben auseinandersetzen. Ist das machbar, schaffbar? Was würde mir helfen? Und so weiter.
Wetten sind auch eine Methode, herauszufinden, wie ein Schüler die Aufgabe einschätzt. Schlägt er die Wette aus, ist sie ihm zu schwer. Dies würde er im Unterricht so aber nie sagen, vielleicht empfindet dies der Schüler nicht einmal so.
Jetzt eine Art Disclaimer. Punkte, Todesurteile? Mancher wird sich denken, ob ich noch alle habe! Aus irgendeinem Grund schaffe ich es, solche Sachen so zu bringen, sodass es die Schüler als lustiges Spiel empfinden. Weiter thematisiere ich, dass die Verhaltensänderung, die ich durch diese Spiele erreiche, eine gute Änderung für die eigene Zufriedenheit beim Üben sein könnte.
Aber jetzt wird mir allmählich klar, dass dies deutlich besser funktionieren kann, wenn der Schüler mit sich selber zu Hause spielt und sich nicht nur um eine Verhaltensänderung bemüht. Denn die Spiele funktionieren, weil sie leicht messbare Aufgaben beinhalten. Zum Beispiel: „Schaffe in fünf Anläufen, die Stelle dreimal hintereinander richtig zu spielen.“ Im Gegensatz dazu, ich kann das Stück bis zur nächsten Woche. Bei der ersten Aufgabe, kann der Schüler eine gute Vorhersage treffen, ob er die Aufgabe schafft. Bei der zweiten Aufgabenformulierung, ist es wesentlich unwahrscheinlicher, dass der Schüler eine zutreffende Aussage über seinen Erfolg treffen kann.
Also das nächste Ziel ist, dass die Schüler versuchen, sich beim Üben Aufgabe zu stellen, um die man spielen könnte.
Der Beitrag wurde am Freitag, den 25. Oktober 2024 um 08:34 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Gitarre lernen, Gitarrenunterricht, Übemethodik abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .